Mit dem Triple-layered Busines Model Canvas entwickelt ihr zukunftsfähige Geschäftsmodelle

Zukunftsfähige Innovation? Mehr als „nur“ nachhaltig

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In diesem Artikel: Wir werfen einen Blick auf ein Werkzeug, das neue Perspektiven für zukunftsfähige Innovation eröffnet: den Triple-layered Business Model Canvas. Dafür diskutieren wir zunächst kurz die Möglichkeiten und Grenzen des traditionellen BMC und stellen euch dann das Konzept vor, mit dem er erweitert wurde. Und vor allem, warum sich damit neue Ideen für Innovation entwickeln lassen, die über das Inkrementelle hinausgehen. (Bild: Francisco Echevarria, CC0)

Zukunftsfähige Geschäftsmodelle: Erweiterung des Business Model Canvas

Gute Ideen finden und diese dann als Innovation auf die Straße bringen … dass dieser Anspruch deutlich einfacher klingt, als er ist, kennt ihr wahrscheinlich aus eurem Berufsalltag. Schon allein richtig gute Ideen zu entwickeln, ist harte Arbeit. Sie wirtschaftlich anschlussfähig zu machen, umso mehr. Alexander Osterwalder und Yves Pigneur stellten mit dem Business Model Canvas ein Design-Tool zur Verfügung, das beides vereinfachen sollte und in der Praxis auch super funktioniert. Allerdings – Achtung, es kommt ein „Aber“ – ist das Business Model Canvas zwar geeignet, Geschäftsmodelle trennscharf auf den Punkt zu bringen, aber wir merken auch, dass es in unserer heutigen Lebenswelt an seine Grenzen stößt.

Die Grenzen des Business Model Canvas

Was ist „Wert?“

Mit dem Business Model Canvas wird eine prägnante Value Proposition formuliert und in einen wirtschaftlichen Kontext eingebettet. Wenn wir damit arbeiten, können wir überprüfen, ob und wie sie funktioniert und wo Verbesserungspotenziale liegen. Es gibt uns also eine Plattform, mit der wir Geschäftsmodelle einfach und bildhaft darstellen können. Und das wiederum gibt uns die Möglichkeit, uns mit ganz unterschiedlichen Personen strukturiert darüber auszutauschen. So können wir neue, oft überraschende Ideen in eine Diskussion holen, die sonst von Experten und Fachbegriffen dominiert wird. Kein Wunder also, dass die Methode heute so beliebt ist.

Die Kritik am Business Model Canvas sollten wir dennoch ernst nehmen, denn mit Yves Pigneur kommt sie aus den eigenen Reihen. Zusammen mit Raymond Paquin und Alexandre Joyce zitieren sie Antony Upward, der einen wichtigen Punkt anspricht: Nämlich, dass der „Value“-Begriff im BMC ausschließlich einer „Profit-first“-Philosophie folgt, andere Aspekte als den rein ökonomischen jedoch nicht berücksichtigt. Das sei im heutigen Kontext nicht mehr wirklich nachhaltig. Finden wir auch. Denn ein gutes Geschäftsmodell verbessert das Leben aller Beteiligten – also auch das von Kunden und Partnern – über die gesamte Wertschöpfungskette. Mit dieser Haltung als Grundlage ergänzten die drei den Business Modell Canvas um zwei neue Dimensionen – eine soziale und eine ökonomische. Interessanterweise kann man damit nicht nur ein Geschäftsmodell auf seine Nachhaltigkeit überprüfen, sondern auch eine Systematik erarbeiten, mit der Ideen für Innovationen generiert werden können. Mehr hierzu findet ihr in einem Paper, das sie dazu veröffentlicht haben.

Bild: Meaningful Innovation and Sustainability
Meaningful Innovation

Sinnvolle Innovation ist in unserem Strategic Design Framework immer auf ihren Kontext bezogen. Denn im Kontext werden Chancen für Innovation dadurch deutlich, dass es Probleme gibt, die gelöst werden können.

Bild: Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen
Sustainable Development Goals

Die Sustainable Development Goals beschreiben die Herausforderungen der Menschheit in Bezug auf nachhaltige Entwicklung. Sie zeigen auf, wo überall innoviert werden kann (oder muss).

Die Idee der Triple Bottom Line und die Weiterentwicklung des BMC

Ein Tool für nachhaltige Innovation

Die Weiterentwicklung des Canvas basiert grundsätzlich auf der Idee der Nachhaltigkeit. Inspiriert von den 17 Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen und dem Triple Bottom Line Approach ergänzten Pigneur und seine Mitstreiter den BMC um eine soziale und eine ökologische Komponente. Das wirklich Spannende dabei ist die Methode. Statt lediglich Indikatoren zur „Bottom Line“ hinzuzufügen – und damit nur auf das Ergebnis zu blicken –, entwickelten sie zwei neue Canvasses, die nach derselben Logik funktionieren wie der BMC. Der Environmental Life Cycle Business Model Canvas und der Social Stakeholder Business Model Canvas beinhalten weitere Ebenen des Wertschöpfungsprozesses, deren Betrachtung und Berücksichtigung ebenso wichtig erscheinen wie seine wirtschaftliche Bedeutung.

 

Den Triple-layered Business Model Canvas anwenden

Spätestens jetzt fragt ihr euch wahrscheinlich, wie man die ökologischen oder sozialen Einflüsse eines Geschäftsmodells „einfach“ darstellen kann, denn immerhin gibt es dabei viele unterschiedliche Aspekte zu beachten. Direkt vorweggenommen: Es ist nicht wirklich einfach. Deshalb konnten auch Pigneur et al. diese Frage nicht abschließend beantworten. Bei der Konstruktion der beiden neuen Ebenen beziehen sie sich zwar auf standardisierte und praxiserprobte Methoden zur Messung von relevanten Einflussfaktoren, letztlich fassen sie aber jeweils „nur“ mehrere Metaindikatoren zusammen, die sehr facettenreich bleiben. Man könnte sagen: komplex.

In der Praxis ist das allerdings gar kein Problem, sondern ein Vorteil. Denn Geschäftsmodelle sind ebenfalls sehr facettenreich. Nehmen wir unser Agenturleben als Beispiel: Die Firma, die unsere Druckdienstleistungen erbringt, hat wahrscheinlich einen anderen Blick auf das Thema Ökologie, als das italienische Restaurant, bei dem Iconstorm donnerstags – pre Covid – immer essen gegangen ist. Für beide sind womöglich sehr unterschiedliche Aspekte des Themas relevant. Und genau deshalb ist die offene Fragestellung bei der Arbeit mit den beiden Canvasses so praktisch: Jede:r kann aus der eigenen Perspektive die passenden Fragen stellen und damit für sich relevante Ideen entwickeln. Ein kreativer Prozess zur Entwicklung von Ideen für Innoavtion findet hier also genauso statt wie beim ökonomischen Business Modell Canvas.

Die Ebenen des Triple-layered Business Model Canvas

Macht euch am besten selbst ein Bild von den Canvasses. Bei Fragen zu ihrem Aufbau oder ihrer Anwendung, meldet euch bei mir!

Bild: Social Stakeholder Business Model Canvas
Social Stakeholder Business Model Canvas
Bild: Economic Business Model Canvas
Economic Business Model Canvas
Environmental Life Cycle Business Model Canvas
Environmental Life Cycle Business Model Canvas

Zukunftsfähige Geschäftsmodellinnovation

Nicht nur Schadensbegrenzung, sondern Perspektive für echte Innovation

Die neuen Layer sind also ein echt schöner Ansatz, um zu überlegen, wie man die eigenen Prozesse umweltfreundlicher gestalten kann. Und man kann damit eigentlich jedes Geschäftsmodell unter die Lupe nehmen. Allerdings wäre das alleine wohl nicht der Rede wert, denn dafür gibt es bereits andere Assessment Tools. (Nämlich die, auf denen der Canvas basiert.)

Hier zeigt sich ein ganz grundlegendes Problem: Der Begriff „Nachhaltigkeit“ ist an sich erst einmal völlig neutral. Es geht um die Erhaltung des Status quo, also zum Beispiel des Planeten. Die Debatte darüber allerdings ist stark davon geprägt, dass wir lange so gar nicht nachhaltig gewirtschaftet haben. Ökonomischer Wert wurde produziert, indem endliche Ressourcen verbraucht wurden: Aus Holz wurden Möbel und aus Rohöl Plastik. Schlicht, weil es wirtschaftlich betrachtet lukrativer war als die Alternativen. Die konventionelle Wirtschaft jetzt zwecks Schadensbegrenzung zum Umdenken zu zwingen, ohne dass dabei zusätzlich Vorteile entstehen, ist natürlich keine attraktive Value Proposition. Wir brauchen echte Innovation. Das sind für uns alle Ideen, die regeneratives wirtschaftliches Handeln ermöglichen. Und diese Ideen finden wir mit dem Triple-layered Busines Model Canvas.

Bild: Sustainibility Goals and Transformation
Regenerative Entwicklung
Der Designer Daniel Christian Wahl beschreibt in einem tollen Beitrag auf Medium das Konzept regenerativer Kulturen. Es zeigt, was „Nachhaltigkeit“ auch noch bedeuten kann: aktiv Wert schöpfen abseits des Ökonomischen. An dieser Stelle sei auch sein Buch „Designing Regenerative Cultures“ zu erwähnen. Finden wir sehr lesenswert! Klick.

Das wirklich Spannende an den neuen Layern ist ihr Blick auf soziale und ökologische Themen. Denn neben den versteckten Kosten werden nun auch endlich die Vorteile sichtbar, die durch ein Geschäftsmodell generiert und mit dem Canvas gestaltet werden können. Es ist ein Werkzeug, mit dem wir aktiv zwei Arten von Wachstum miteinander verbinden können: ökonomisches (das nicht per se schlecht sein muss) und regeneratives, da alle Stakeholder (auch die Natur!) und Akteure entlang der Wertschöpfungsketten mit einbezogen werden. Externen Kosten wird also externer Nutzen gegenübergestellt und plötzlich tun sich ganz neue Potenziale auf, um über ökonomische Wertschöpfung Vorteile für uns alle zu erreichen. Genau hier entstehen wirklich zukunftsfähige Geschäftsmodelle.

Im Moment wir sind (noch) dabei, in der Praxis Erfahrungswerte mit dem Triple-layered Business Model Canvas zu sammeln. Im Grundsatz finden wir die Idee aber so überzeugend, dass wir sie in unsere Werkzeugkiste mit aufgenommen haben.

Mehr zum Thema in unserem White Paper:

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Autorin

Bild: Yara Marianela Dobra, Business Designerin bei Iconstorm

Yara Dobra ist Expertin für Business Design, Co-Creation und Nachhaltigkeit bei Iconstorm. Derzeit lehrt sie unter anderem zusammen mit Michael Geiss die Anwendung des Triple-layered Business Model Canvas im MBA Programm Zukunftstrends und Nachhaltiges Management der Hochschule Nürtingen.

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