transparency? – Der World Usability Day 2018 im Rückblick
Eindrücke vom #WUDFFM im Film
„UX Design for Good or Evil?“ war das Motto des WUD 2018. Wie immer haben wir uns für den WUD Frankfurt einen besonderen Spin dazu ausgedacht: Beim WUD Frankfurt 2018 drehte sich alles um das Thema „Transparenz“. Denn Transparenz ist für Design eine relevante Kategorie – in mehrfacher Hinsicht. Wir brachten dazu insgesamt 9 Speakerinnen und Speaker auf die Bühne, um das Thema aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten.
Transparenz als prägende Dimension der digitalisierten Gesellschaft
Transparenz ist in einer demokratisch geprägten Gesellschaft immer ein Thema. Durch das Fortschreiten der technologischen Entwicklung wird sie uns allerdings nachhaltiger begleiten als die jeweiligen politischen Themen des Tages“. Besonders durch die Digitalisierung treten Chancen und Risiken heute viel deutlicher zu Tage. Heute steht uns die Möglichkeit offen, so gut wie alles zu beobachten und in Daten zu vermessen. Wir haben den Anspruch an Institutionen wie Staat oder Unternehmen „transparent“ zu sein und transparent zu agieren. Wir werden umgekehrt misstrauisch, wenn Einzelakteure bei ihrer Datensammlung übergriffig werden, was die aktuelle Skepsis gegenüber großen Technologiefirmen, die Snowden-Enthüllungen oder auch die Diskussion um den „gläsernen Bürger“ zeigen.
Dabei ist das Thema allumfassend und vieldeutig. Allumfassend, da digitale Technologie heute unser gesamtes Leben durchdringt; vieldeutig, da Transparenz auf einem Spektrum zwischen einem Mehr und einem Weniger verläuft und dabei als Begriff mit Wertungen aufgeladen ist. Haben Sie sich zum Beispiel schon mal gefragt, warum wir von „gläsernen“ Bürgern sprechen – und nicht von „transparenten“? Je nachdem, an welche Entität man also den Begriff anlegt, ändert sich auch die Sichtweise. Beim Staat? Transparent – gut! Intransparent – böse! Beim Bürger? Not so much.
Die Komplexität dieses Themas machte es in unseren Augen perfekt für einen Einstieg in den WUD 2018. Wie Felix Guder bei der Eröffnung sagte: Der WUD ist ein gutes Setting, um unter Vernetzungslogiken Fragen zu klären, die für uns einzelne zu groß und mächtig geworden sind. Wicked Problems eben. Entsprechend wollten wir uns dieses Jahr abseits von Wertungen mit der Transparenz als Dimension im Design beschäftigen. Lassen sich ihre verschiedenen Abstufungen zwischen mehr und weniger gestalten? Und wofür kann man sie nutzen? Diesen Fragen wollten wir auf den Grund gehen.
Dieses Jahr entschieden wir uns für eine Tour de Force durch acht Vorträge und eine anschließende Podiumsdiskussion. Die Vortragszeiten haben wir absichtlich knapp bemessen, damit vor allem die Kernaussagen unserer Speaker im Gedächtnis bleiben. Publikumsbeiträge wurden auf eine anschließende Podiumsdiskussion konzentriert. Natürlich gab es für unsere 150 Gäste auch wieder jede Menge Chancen zum Netzwerken bei Wein und Brezeln. Außerdem hatten wir am Rande der Veranstaltung einen kleinen Bücherstand aufgebaut, wo neben unterschiedlicher Lektüre auch Jochen Denzingers neues Buch Das Design digitaler Produkte vorgestellt wurde.
Das Programm: Transparenz, Gestaltung, Verantwortung und Teilhabe
Transparenz und der Mensch – zwischen Wissen, Glauben und Vertrauen
Nach einer kurzen Begrüßung durch unsere Hosts Yara Dobra und Felix Guder sowie einem Grußwort durch unsere Gastgeber von der DB Systel begaben wir uns direkt in die Beiträge.
Diskussion auf dem Podium: Perspektiven und Kontraste
Nach den Impulsvorträgen kamen alle Speaker nochmal auf dem Podium zusammen, um in einer offenen Fragerunde mit Moderatoren und Publikum über das am Abend Gelernte zu diskutieren. Die drei interessantesten Denkansätze der Diskussion wollen wir uns hier nochmal herausgreifen. Sie bilden sehr schön das Spannungsverhältnis ab, dass Transparenz als Dimension mit sich bringt. Wir danken in dem Zusammenhang auch allen Teilnehmern aus dem Publikum für die rege Beteiligung!
Wichtigste Diskussionsthemen
Teilhabe
UX-Design überlagert die Konstruktion der Realität und verhindert, dass Menschen mit „den Dingen dahinter“ interagieren. Deren Sichtbarmachen ist aber in vielen Fällen eine Voraussetzung für echte Teilhabe. Annika Frye betonte in dem Zusammenhang, man müsse es „den Leuten nicht immer so einfach wie möglich“ machen und fragte, ob die kognitiven Mittel des Menschen wirklich nicht ausreichten, um mit etwas mehr Komplexität zurechtzukommen. Andererseits, hielt Till Martensmeier dagegen, wolle „am Gleis niemand für denselben Zug drei Uhrzeiten sehen“ nur damit er möglichst viele Informationen zur Verfügung hat. Auch zu viel Komplexität könne bei der Entscheidungsfindung hemmen. Die relevanten Informationen müssten transparent zur Verfügung stehen, nicht alle.
Gestaltung
Auch Intransparenz kann unsere Entscheidungsfindungen unterstützen – ein zweiter Schwerpunkt der Diskussion. So erinnerte sich Rainer Hirt and die Wepublic-Maßnahme, Nutzern gezielt die Information vorzuenthalten, wessen Antwort sie gerade lesen. Er stellte aus seiner Sicht als UX-Sound-Designer analog die Frage in den Raum, ob zum Beispiel in einem Operationssaal wirklich jeder alle Geräusche hören müsse, oder ob es vielleicht sinnvoll wäre, manchen Spezialisten nur die für sie relevanten Geräusche zur Verfügung zu stellen. Transparenz kann willkürlich gesetzt werden und wir erinnerten uns an Stefan Bergheims Arbeitsanweisung, wir müssten eben entscheiden, welche Dinge und Personen wir wie und für wen transparent machen.
Verantwortung
Ein drittes Thema beschäftigte sich mit dem Spektrum der Verantwortung. Markus Reuter überlegte, wer eigentlich noch die Verantwortung trägt, wenn sich in einer Black Box, etwa einer künstlichen Intelligenz, Regeln autonom entwickeln. Ist Transparenz alleine hier noch in der Lage, diese Frage zu beantworten? Andererseits machte Human Nagafi das Szenario auf, dass in völlig offenen Organisationen, in denen alle agil miteinander interagieren – sozusagen in einem Schwarm-Prozess – Verantwortung ebenfalls zu einer irrelevanten Kategorie werden könnte. Wenn Verantwortung aber immer weiter diffundiert, bleibt die Frage, welche Kategorien wir in Zukunft nutzen sollten, um Ergebnisse zu bewerten.
Falls Sie Feedback oder Verbesserungsvorschläge zum World Usability Day Frankfurt haben, schicken Sie uns gerne eine E-Mail oder zwischtern Sie zum #wudffm auf Twitter. Wir sind gespannt auf Ihre Impulse und freuen uns schon auf den nächsten World Usability Day am 14.11.2019.