World Usability Day Frankfurt 2017 im Rückblick

Wicked Problems – Der World Usability Day 2017 im Rückblick

Unter dem Motto „Wicked Problems“ durften wir dieses Jahr zum dritten Mal zum World Usability Frankfurt einladen. Der World Usability Day ist ein weltweiter Aktionstag zu Usability und User Experience (UUX). Jedes Jahr im November finden rund 200 Veranstaltungen in über 40 Ländern statt. Wir haben für Sie einen kurzen Rückblick über die wichtigsten Talks und Themen der diesjährigen Veranstaltung zusammengestellt.

 

Wicked Problems – Der World Usability Day 2017 in Frankfurt

Neu ist der Begriff der „Wicked Problems“ nicht: Er feiert sogar am 1. Dezember seinen 50. Geburtstag, nachdem er bereits 1967 in einem Editorial C. West Churchmans in der Management Science diskutiert wurde. Dennoch sind Wicked Problems heute allgegenwärtig. Es handelt sich um Probleme, die sich ob ihrer Natur allenfalls noch zähmen lassen, aber nicht lösen. Denn sie sind unscharf, komplex und befinden sich im ständigen Fluss.

Gerade in Zeiten der Digitalisierung wird die Welt von Entwicklungen durchdrungen, die Menschen, Unternehmen und Politik vor neue Fragen stellen. Diesen versuchten wir uns auf dem World Usability Day 2017 anzunähern und diskutierten deren Implikationen für das Design neuer Produkte und Dienstleistungen; aber auch einer neuen Welt.

 

Vorträge auf dem World Usability Day in Frankfurt

Offene Fragen als Herausforderungen an Designer…

Wie gestalten wir eine sich ständig verändernde Welt? Eine Welt, die immer hybrider, immer schneller wird? Auch dieses Jahr brachten uns unsere Speaker wieder so richtig inspirierende Beiträge mit.

Jochen Denziger auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Black Boxes

Jochen Denziger, Designer und Mitglied der Geschäftsleitung bei Iconstorm, eröffnete den Abend, indem er uns das eigentliche Problem unserer Zeit anriss: In einer Zeit, in der alles digitalisiert wird und in der eine Welt komplexer Zusammenhänge entsteht – in einer solchen Zeit entstehen „Wicked Solutions“ aus dem Chaos heraus. Innovationen werden durch Problemstellungen ausgelöst, sind Reaktionen darauf, und finden sich in Lösungsansätzen wie der künstlichen Intelligenz und dem Maschinellen Lernen. Smart Data als Antwort auf Big Data. Aus Sicht des Designers eine ganz neue Herausforderung, denn Algorithmen werden entscheidend für Qualität und Gestaltung von Produkten. Für Laien sind sie aber offen gesagt Black Boxes – und wir verlieren schleichend die Hoheit über unsere eigenen Lösungsansätze.

 

Karl Herrbruck auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Das Dilemma komplexer Probleme

Karl Herrbruck ist Consultant und Softwareentwickler. Er kennt sich aus mit der Digitalisierung. Und er weiß genau, warum wir alle keine Ahnung haben – auch er selbst nicht. Er plauderte aus dem Nähkästchen und zeigte anhand eines Erfahrungsschatzes, der bis zur Neustrukturierung eines Verkehrsleitstands für die Lufthansa in den 80er Jahren zurückreicht, warum es uns Menschen so schwer fällt, Konzepte für Problemstellungen zu entwickeln und umzusetzen. Warum überfordern uns komplexe Situationen? Warum versuchen wir oft gar nicht erst, nach Lösungen zu suchen? Woran scheitert deren Umsetzung?

 

Prof. Dr. Michael Beigl auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Kennen Maschinen die Welt besser als wir?

Zum Thema Machine Learning brachte uns Prof. Dr. Michael Beigl Einblicke mit. Er ist Inhaber des Lehrstuhls für Pervasive Computer Systems am Karlsruhe Institute of Technology. Er zeigte uns, warum Maschinen die Welt so viel besser „verstehen“ können, als Menschen. Heute können sich selbst Experten in allen möglichen Feldern Zusammenhänge nicht mehr ausreichend vor Augen führen. Die kognitiven Modelle, die wir Menschen uns bilden, werden der Komplexität der Zusammenhänge nicht mehr gerecht. Im Gegensatz zu uns können Maschinen die Datenmengen der Welt kartographieren, Muster erkennen, Risiken prognostizieren und Lösungen anbieten. Ganz ohne unsere Hilfe. Oder?

 

Sebastian Schmieg auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Menschen als Sklaven der Software?

Sebastian Schmieg ist Künstler. Damit könnte er uns die Auswirkungen von Technologie auch aus einer ganz anderen Perspektive beleuchten. Er machte sich Gedanken über die Lebens- und Arbeitswelten, in die wir heute – auch durch Algorithmen – gezwungen werden. Ein Überangebot an Freelancern, die auf Jobportalen um Auftragsarbeiten zu Hungerlöhnen konkurrieren. Armeen von schlechtbezahlten Arbeitskräften, die durch händisches Einpflegen von Datensätzen das Machine Learning in vielen Fällen überhaupt erst möglich machen. Müssen wir Menschen uns in einer kapitalistischen Gesellschaft immer mehr den Funktionslogiken solcher Online-Plattformen unterordnen?

 

Dr. Ronald Hartwig auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Wicked Humans!

Einen Blick in das Innenleben von UX-Projekten warfen wir zusammen mit Dr. Ronald Hartwig, der Geschäftsführer des UUX Joint Ventures untrouble sowie des  UUX-Arbeitskreises des Bitkom ist. Seine Kernaussage: Bei allem Hype um Technologie und Entwicklungs-Tools dürfen wir nicht vergessen, dass in allen Projekten auch Menschen arbeiten. Menschen, mit unterschiedlichen Motivationen, Zielen, Fähigkeiten und Ansichten. Was müssen wir leisten, um UX-Projekte trotz der beteiligten Menschen zum Erfolg zu führen?

 

…und 3 Lösungsansätze

Oliver Florschütz auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Eine neue Art zu arbeiten

In einer vernetzten Welt, in der Problem sich im ständigen Fluss befinden, werden vor allem die Nutzer mit ihren konkreten Auswirkungen konfrontiert. Für viele große Organisationen wird das zum Problem, erklärte uns Oliver Florschütz vom Start-up Resourceful Humans. Denn dort werden Entscheidungen noch top-down getroffen und ein von den Mitarbeitern abgehobenes Management wird zum informationellen Flaschenhals. Die komplexen Probleme unserer Zeit erfordern aber eine Hands-on-Perspektive, eine Zusammenarbeit von Experten, Stakeholdern und motivierten Mitarbeitern im Netzwerk. Er zeigte uns, mit welchen Methoden wir es schaffen können, die „heilige Ordnung“ der Unternehmenshierarchien zu durchbrechen und stattdessen die Macht solcher Netzwerke zu entfachen. Können so wieder die Menschen die Netzwerke beherrschen?

 

Moritz Stefaner auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Eine neue Sicht der Dinge

Moritz Stefaner bezeichnet sich selbst als Trust-and-Beauty-Operator. Diese Freiheit habe man, wenn man selbständig arbeitet. An der Schnittstelle zwischen Big Data, intelligenten Maschinen einerseits, Informations-Ästhetik und User Interface Design andererseits beschäftigt er sich mit den Möglichkeiten, abstrakte und für den Menschen unüberschaubare Datenmengen zu visualisieren. Er hatte beeindruckende Beispiele dafür im Gepäck, wie wir mit Design Daten erkennbar, empfindbar und nutzbar machen können. Können wir es mit diesen Methoden schaffen, aus menschlicher Sicht wieder das Big Picture hinter den Daten zu sehen und die maschinellen Black Boxes zu verstehen?

 

Prof. David Oswald auf World Usability Day 2017 in Frankfurt

Ein neuer Anspruch an Design

Last, but not least, sprach Professor David Oswald von der HfG Schwäbisch Gmünd über das ideelle Big Picture, mit dem sich Designer beschäftigen müssen. Er stellte die These in den Raum, Design müsse sich von der reinen Nutzerzentrierung verabschieden und diese transzendieren. Um die Wicked Problems dieser Welt anzugehen, brauchen wir einen Blick, der über das bloße Produkt in der Hand des Nutzers und über den konventionellen Design Space hinausgeht. Innovationen sind untrennbar verbunden mit einem komplexen Rahmenwerk weltlicher Bedingungen, zwischen ökonomischen, biologischen, gesellschaftlichen und technologischen Grenzen und Möglichkeiten. Nur, wenn wir uns schon bei ihrem Design auch ethischen Fragen und Herausforderungen stellen, wird es uns möglich sein, die komplexen Probleme dieser Welt zu lösen. Aber genau darin liegt auch unsere Chance!

 

WUD-2017-Plenum02

#wudffm – Wie geht’s weiter?

Zunächst einmal bedanken wir uns bei allen, die da waren! Und natürlich auch unseren Partnern, den Speakern und auch unseren tollen Gastgebern im Frankfurter Silberturm der Bahn! Wir sind uns sicher: Auch 2018 wird wieder ein ganz schön komplexes Jahr. Die Herausforderungen, mit denen wir uns auf dem WUD 2017 beschäftigt haben, werden uns daher auch weiterhin begleiten. Hier finden Sie den Frankfurter World Usability Day auf Facebook. Das Hashtag #wudffm finden Sie bei Twitter.

 

Kommende Veranstaltungen bei iconstorm

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