Effizientere Markenkonsistenz durch ein Designsystem mit Web Components

Markenkonsistenz durch Designsysteme: Auf Enterprise Level noch machbar?

Titelbild: Markenkonsistenz und Designsysteme
In diesem Artikel: Markenkonsistenz ist besonders für Unternehmen mit vielen Teams, Touchpoints und einer heterogenen Entwicklungslandschaft eine Herausforderung. Dabei schafft konsistente Markenführung jedoch einen Wettbewerbsvorteil. Wir haben nun ein Designsystem entwickelt, dass auf Web Components basiert und damit Effizienz und Qualität in der Markenführung insbesondere auf Enterprise Level verbessert.

Herausforderung Markenkonsistenz auf Enterprise Level

Ein konsistentes Markenerlebnis zu schaffen ist für Unternehmen eine ungemein wichtige Aufgabe. Beispiele wie Apple zeigen, wie wirkungsvoll ein ganzheitliches Design durch alle Produkte bis zum Kunden greifen und am Ende Nutzungs- und Kaufentscheidungen beeinflussen kann. Wiedererkennbarkeit hilft Menschen erst, eine emotionale Bindung zu einer Marke aufzubauen und buchstäblich Fans zu werden. Jedoch wird Markenkonsistenz mit zunehmender Unternehmensgröße zu einer komplexen Herausforderung für das Brand Management, denn in den meisten großen Konzernen trifft der Anspruch an ein konsistentes Markenerlebnis auf eine heterogene Entwicklungslandschaft. Oft begegnen wir deshalb der Frage, wie man diese auf Enterprise Level lösen kann, ohne kaum noch vertretbare Kosten zu produzieren.

Besonders bei digitalen Produkten hat Design hier das Problem, dass Teams je nach ihren Anforderungen auf unterschiedliche Frameworks setzen. Für jedes dieser Teams bedeutet eine Änderung im Design einen Mehraufwand, da Anpassungen vorgenommen werden müssen. Diese können dann schnell zur Fehlerquelle werden, produzieren Inkonsistenzen und laufen Gefahr, die Akzeptanz von Design-Richtlinien zu untergraben, denn: Wenn der gefühlte Aufwand für ein konsistentes Design höher ist als der gefühlte Nutzen, wird sich die Konsistenz im Design nicht durchsetzen lassen. Diese Reibungspunkte machen es nicht nur schwer, zu jedem bestimmten Zeitpunkt ein konsistentes Markenerlebnis zu gewährleisten, sondern auch, eine Marke sinnvoll regelmäßig weiterzuentwickeln. Die gute Nachricht ist aber: Wir haben dazu nun eine Lösung entwickelt, und zwar in Form eines Designsystems, das viele der bekannten Probleme auf elegante Art umgeht. Wie genau sich das auf das Thema Markenkonsistenz auswirkt, wollen wir im folgenden Artikel zeigen.

Design Guidelines und Styleguides sprechen die Sprache einer autoritären Markenführung. Hoher Aufwand, geringer Nutzen. Wer echte Teilhabe und Identifikation mit der Marke erreichen möchte, investiert in ein Design System.
Felix Guder

Markenkonsistenz stärkt Vertrauen beim Kunden

Marke soll nicht anstrengend sein

Nur ein widerspruchsfreies Markenerlebnis schafft Vertrauen und Loyalität, eine entsprechende Customer Journey eine positive gestimmte Nutzungserwartung; Akzeptanz wird dabei durch intuitive Nutzung der jeweiligen Touchpoints überhaupt erst möglich. Die Basis für all das ist konsistentes Design. Konsistenz herzustellen basiert also nicht auf einer zwanghaften Neigung von uns Designern, Ordnung zu schaffen. Vielmehr ist Konsistenz ein wesentliches Element, das das Erleben von Menschen strukturiert; und gerade im visuellen Design erzeugt ihr Fehlen Komplexität. Diese Gefahr besteht besonders bei Marke, denn in ihr müssen viele Elemente in einen Zusammenhang gebracht werden. Da wir spätestens seit Daniel Kahneman wissen, dass die aktive Verarbeitung von Komplexität für das menschliche Gehrin anstrengend ist, sollte Inkonsistenz in der Markenführung in jedem Fall vermieden werden. Denn Marke soll nicht anstrengend sein.

Die Komplexität erhöht sich besonders, wenn Unternehmen entlang vieler Touchpoints der Customer Journey ein einheitliches Erscheinungsbild schaffen möchten. Dieses muss dann über viele Kanäle, Projekte und Produkte mit Ownership in unterschiedlichen Teams durchgesetzt werden. Oft entstehen dann gerade im Bereich digitaler Medien Widersprüchlichkeiten und Inkonsistenzen im Markenerlebnis, die sich auf Seite der Nutzer direkt in kritischen Urteilen zu Marke äußern werden. Schon deshalb ist es ratsam (und oft sehr erfolgreich), Design als Teil der Unternehmensstrategie mitzudenken. Denn: Da konsistentes Design Komplexität reduziert, freut sich unser Gehirn über eine ganzheitlich gestaltete Marke ganz besonders.

Warum Marke auf Enterprise Level komplex wird

Die wichtigsten Treiber von Inkonsistenz

Die Studien, die wir zum Thema Markenkonsistenz für unsere Kunden bisher durchgeführt haben, zeigten vor allem eines: Konsistenz innerhalb einer Customer Journey ist fast immer als Ziel ausgeschrieben, jedoch nur äußerst selten erreichbar. Visuelles Design, Benutzung, Sprache, Verwendung von Markenelementen – von Produkt zu Produkt enstehen immer wieder Unterschiede.

Als wichtigste Treiber dieser Inkonsistenzen haben sich folgende Faktoren gezeigt:

1. Fehlende oder mangelhafte Produktdesign-Guidelines
2. Parallele Existenz von Produkten in unterschiedlichen Entwicklungsstadien und/oder Lebenszyklen
3. Fehlende Akzeptanz für Designvorgaben und/oder ein zu hoher Interpretationsspielraum
4. Fehlender interner Austausch und Abstimmung zum Thema Design zwischen verschiedenen Teams und Bereichen
5. Schwankende Designqualität aufgrund variierender Designbudgets
6. Lagerdenken und Silostrukturen in der Organisation

 

Technische Infrakstruktur ist versteckter Komplexitätstreiber

Die oben genannten Faktoren sind nicht überraschend und zeugen oft davon, dass Design in einem Unternehmen noch nicht stark genug verankert ist. Sehr überraschend hingegen ist ein weiterer Komplexitätstreiber, den wir aufdecken konnten. Dieser ist einerseits sehr schwierig zu kontrollieren und kann andererseits auch in Unternehmen mit einer sehr hohen Designkompetenz auftauchen: In Bezug auf digitale Produkte sind es häufig die technischen Infrakstruturen selbst, die für die Produktentwicklung verwendet werden.

Insbesondere auf Enterprise Level ist die Inkonsistenz bereits im technischen Ökosystem verwurzelt. Das besteht oft aus gewachsenen Strukturen, die über die Zeit ein nur noch mit Aufwand beherrschbares Chaos in einer facettenreichen Entwicklungslandschaft produziert haben. Im Frontend Development nutzen dann Teams je nach Anforderungen und Vorlieben zum Beispiel verschiedene Frameworks, so dass Vorgaben aus dem Design in teilweise großem Arbeitsaufwand bei der Anpassung von Komponenten resultieren. Und je nach Budget, Motivation, Deadlines und Überzeugungen kommt es im Ergebnis dann zu Abweichungen. So hat die produzierte Inkonsistenz wortwörtlich System.

Bild: Markenkonsistenz bedeutet großen Aufwand. Eine einzelne Komponente muss oft hundertfach nachgebaut werden.
Technologie als Komplexitätstreiber
Das Design eines einzigen Buttons, umgesetzt über viele Projekte und Touchpoints, führt in der Praxis zu einem hohen Anpassungsaufwand.

Bild: Web Components können dasselbe Design in vielen unterschiedlichen Settings abbilden ohne zusätzlichen Arbeitsaufwand zu produzieren.
Web Components als Lösung
Unser Designsystem nutzt den Standard, um auch in heterogenen Entwicklungslandschaften Anpassungsbedarf über einfachen Code zu eliminieren.

Unsere Lösung

Ein Designsystem basierend auf Web Components

Die Erkenntnisse aus unseren Untersuchungen zeigen, dass Inkonsistenz also insbesondere zwei Grundlagen hat: Eine technologische und eine menschliche. So kann eine heterogene Entwicklungslandschaft dazu führen, dass beim Durchsetzen konsistenten Designs viel Abstimmungsarbeit notwendig wird und die ständige Anpassung einzelner Komponenten viel Zeit (und Nerven) abverlangt. An dieser Problemlage haben wir in Projekten mit Kunden angesetzt und eine Lösung erarbeitet, die die Schwierigkeiten auf elegante Weise aushebelt: Diese haben wir im Rahmen unserer Arbeit als ein Designsystem entwickelt, das auf Web Components basiert und in Zusammenarbeit mit zwei DAX 30 Unternehmen getestet.

Kurz gesagt sind Web Components ein relativ neuer Webstandard, der in seiner Logik auf einer tieferen Abstraktionsstufe ansetzt, als die Komponenten, die in spezifischen Frameworks eingesetzt werden. Ohne zu technisch zu werden heißt das: Nach anfänglicher Entwicklungsarbeit können hier Komponenten vorgehalten werden, die als eine einzelne Code-Zeile universell in jedem Framework und von allen Teams einsetzbar sind. Damit entfällt der Mehraufwand, der sonst zur Anpassung von Komponenten notwendig wäre, und Konsistenz über verschiedene Teams und Produkte hinweg wird plötzlich ganz einfach. Das Designsystem fungiert dabei als eine Single Source of Truth, die in Zusammenarbeit gepflegt, weiterentwickelt und genutzt werden kann, was wiederum erheblich Zeit, Budget und Abstimmungsbedarf einspart. Auf diese Weise kann dann Marke auch viel einfacher weiterentwickelt werden, ohne dass der Prozess dem Brand Management Kopfschmerzen bereiten muss.

Unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass ein Designsystem, das auf Web Components basiert, Markenkonsistenz tatsächlich einfacher macht als Inkonsistenz.
Felix Guder

Designsystem macht Markenkonsistenz einfacher als Inkonsistenz

Erfolgreiche Bewährungsprobe in der Praxis

Die oben beschriebene Idee ist mehr als Theorie. Wir haben sie als fertige Toolchain basierend auf ausgiebiger Research entwickelt und testen sie derzeit am lebenden Objekt mit zwei großen Partnern. Dabei entwickeln wir das System als eine Lösung, die über die Möglichkeiten der meisten existierenden Designsysteme hinausgeht, flexibel einsetzbar ist und die besonders gut skaliert, je größer das jeweilige Unternehmen ist. Unsere ersten Erfahrungen zeigen, dass ein Designsystem, das auf Web Components basiert, Markenkonsistenz tatsächlich einfacher macht als Inkonsistenz. Als Nutzen erwarten wir uns unternehmensseitig vor allem Einsparungen an Ressourcen und Budget, die wiederum in die Qualität der Produkte reinvestiert werden können. Nutzerseitig sollten dann wiederum Vertrauen und Akzeptanz durch ein konsistenteres Markenerlebnis gestärkt werden. Und als Nebeneffekt ist zu erwarten, dass sich Design noch stärker im Unternehmen verankern und von einer unliebsamen Mühe in eine positive, kollaborative Erfahrung verwandeln kann.