Lean Branding – Die Bedeutung von Digitaler Markenführung

Mit Lean Branding zu mehr Relevanz in der Markenführung

Lean Branding ist für alle Unternehmen von Vorteil, die eine wachsende Komplexität und eine daraus resultierende Unsicherheit in den Märkten wahrnehmen und mit Agilität und Differenzierung darauf antworten wollen.

Hungerkünstler und Geisteskranke

Kennen Sie Marie Krieger? Wahrscheinlich nicht. Kein Wunder, denn sie ist weder auf Facebook, noch hat sie eine Wikipedia-Page. 1920 studierte sie an der Universität in Jena die Wirkungen von Unterernährung. Neben Hungerkünstlern und Geisteskranken, die die Nahrungsaufnahme verweigerten, untersuchte sie auch die Unterernährung der Soldaten des ersten Weltkriegs. Ihr damals erstaunlicher Befund: Während alle Organe des Körpers bei Unterernährung schnell an Gewicht verlieren, gibt es ein Organ, das nur minimal leichter wird. – Nein, es ist nicht das Herz: Es ist das Gehirn.

Das Konzept Marke funktioniert immer dann, wenn die Marke dem Gehirn ein Angebot zum Energiesparen macht. Die Marke reduziert Komplexität, sie spart Energie.
Felix Guder

Mit nur 2% Körpergewicht verbraucht das Gehirn ca. 50% der als Nahrung zugeführten Energie. Und das ist der Normalzustand. Bei Stress steigt der Energieverbrauch auf bis zu 90% an. Seinen Energiebedarf steuert das Gehirn selbst. Kein Wunder, dass da erst woanders gespart wird, wenn die Energie knapp wird. Fast 100 Jahre später verfügen wir über bedeutend mehr Wissen über unser Denkorgan. Wir wissen, dass Hunger das Gehirn zu Wach- und Aufmerksamkeit anregt (Nahrung suchen!). Und wir wissen auch, dass das Gehirn eine ganze Menge an Energiespartechniken entwickelt hat. Eine davon ist Lernen, eine andere Vertrauen. Spätestens beim Wort „Vertrauen“ kommt die Marke ins Spiel. Das Konzept Marke funktioniert immer dann, wenn die Marke dem Gehirn ein Angebot zum Energiesparen macht. Die Marke reduziert Komplexität, sie spart Energie.

Markenführung heute wird oft ihrem Anspruch nicht mehr gerecht

Dieses übergeordnete Prinzip hat sich in den letzten 3 Millionen Jahren nicht grundsätzlich geändert, auch 20 Jahre Digitalisierung hatten, wenn überhaupt, nur eine sehr geringe Wirkung. Das heißt für alle Markenschaffenden: Die Marke ist gut, sie funktioniert, sie wird gebraucht und daran ändert sich so schnell nichts.

„Ist die Marke das wichtigste immaterielle Asset eines Unternehmens?“

„Sind Sie mit dem Management Ihrer Marke zufrieden?“

Wenn Sie diese Fragen heute stellen, ernten sie auf die erste eine fast hundertprozentige Zustimmung. Die zweite wird von vielen jedoch nur zögerlich beantwortet. Als Agentur erleben wir täglich, dass die Marke in vielen Unternehmen, ähnlich wie Innovation und Nachhaltigkeit, keine Relevanz im Alltag hat. Erst wenn es ernste Probleme am Markt gibt oder die Kunden die Loyalität aufkündigen, wird gehandelt. Markenführung entsteht aus Krisen heraus, von einem kontinuierlichen und integrierten Prozess ist die Vielzahl der Unternehmen weit entfernt. Was dem Marketing mit einem 360 Grad Ansatz ganz gut gelingt, kann man bei der Markenführung lange suchen. Das hat vor allem zwei Gründe:

  1. Arbeit an der Marke hat viel mit Konzentration und Reduktion zu tun. Weniger ist mehr. Hier ist die Frage erlaubt, ob nicht ein an Ausdehnung und Wachstum orientiertes System mit dieser Tatsache ein strukturelles Problem hat. Die Bedeutung einer Abteilung steigt mit ihrem Budget. Markenführung marginalisiert sich selbst.
  2. Das Tagesgeschäft frisst die Strategie. Wie die Zauberlehrlinge reagieren die Unternehmen auf die täglichen Reize. Gestern Facebook, dann doch Twitter und morgen vielleicht Instagramm? Und Werbung? Oder Content? Obwohl man seine eigene Identität als Unternehmen nicht verstanden hat, wird munter auf allen Kanälen kommuniziert. Gefüttert von der schwindenden Hoffnung, unter all den Versuchen, auch ein paar erfolgreiche Treffer zu landen. Das kostet Energie. Die der Unternehmen in Form von Geld. Aber schlimmer noch: Die Energie der Adressaten.

Als Agentur erleben wir täglich, dass die Marke in vielen Unternehmen, ähnlich wie Innovation und Nachhaltigkeit, keine Relevanz im Alltag hat.
Felix Guder

Die Folge – Markenführung wird ihrem Wortsinn nicht mehr gerecht. In den meisten Fällen geht es um Markenkontrolle. Das heißt: Statt die Ziele zu definieren, übernimmt das Markenmanagement die Rolle einer Qualitätssicherung, die in ihrer niedrigsten Ausprägung die Nutzung des Logos überwacht. „Was sagt Marke dazu?“ Diese Frage hört man inzwischen auch in Großkonzernen. Und meistens sitzt von „Marke“ keiner mehr am Tisch.

Die Digitalisierung verstärkt die Probleme der Marke

Für eine Agentur, die einst als „Agentur für Markentechnik“ gegründet wurde, ist diese Situation wenig erfreulich. Markenprojekte werden immer wieder verschoben oder sind plötzlich so eilig, dass die Marke als Lösung übervorteilt wird. Die vielzitierten Herausforderungen (oder Probleme) moderner Markenführung haben in der Digitalisierung oder den heterogenen Kommunikationskanälen nicht ihre Ursache, sie werden davon aber verstärkt. Und zwar so stark, dass die Marke als Konzept für die Vertrauensbildung zwischen Kunde und Unternehmen einen Realitäts-Check nicht mehr übersteht.

Was nutzen Markenmodelle, Positionierungsstrategien, Markensysteme in einer Welt, die sich permanent verändert? Die täglich komplexer wird und in der kurzfristige Trends regieren? Sind wir nicht schon längst dort angekommen, wo Anpassungsfähigkeit viel wichtiger ist als Strategie? Wir erleben überall, dass klassische lineare Prozesse durch agile und flexible Muster ersetzt werden. „Fail early!“, „Iteration“, „Prototypen“ – Das sind die neuen Antworten auf „Wasserfall“, „Strategie“ und „Vision“. „Auf Sicht fahren lernen“ gilt auch für die Markenführung.

Der Lean Branding-Ansatz

Wir haben die aktuellen Ideen und Muster mit unserem klassischen Markenprozess verglichen. Dabei war es hilfreich, dass dieser Prozess gemäß unserer Philosophie stark von der Arbeit mit, statt für Unternehmen geprägt war. So konnten wir Prozessschritte verändern und ihre Wirkung direkt testen. Was als Aktualisierung angefangen hat, erzeugte Schritt für Schritt einen radikal neuen Ansatz für die Markenführung.

Wir haben uns die Frage gestellt, was Kundenzentrierung eigentlich für die Marke bedeutet. Wie ließe sich die Arbeit an der Marke in die Alltagsrealität von Mitarbeitern integrieren? Wie könnte man die wesentlichen Faktoren der Markenführung sichtbarer machen und dort Messbarkeit integrieren, wo vorher das Bauchgefühl entschieden?

Herausgekommen ist „Lean Branding“, ein zeitgemäßer Ansatz für eine moderne Markenführung.

„Lean“ markiert den aktuellen Bezug zur Transformation der Wirtschaft im Allgemeinen. Es referenziert auf eine radikale Zweckmäßigkeit, an der sich jede Aktion messen muss. Es zeugt aber auch von einer Bereitschaft, sich bedingungslos der vorherrschenden Realität zu stellen. Lean Branding ist keine Zukunftsvision, sondern täglich gelebte Markenidentität, von der sich alle Disziplinen im Unternehmen inspirieren und unterstützen lassen können. Sie wird in kleinen Schritten iterativ und nah am Adressaten entwickelt und spiegelt sich als klares Bild in allen Maßnahmen und Handlungen des markenführenden Unternehmens.

Lean Branding ist für alle Unternehmen von Vorteil, die eine wachsende Komplexität und eine daraus resultierende Unsicherheit in den Märkten wahrnehmen und mit Agilität und Differenzierung darauf antworten wollen. Das sind natürlich Neugründungen und Start-ups, die sich weder ein strategisch geprägtes Markenkonzept leisten können, noch wollen. Aber auch alle Unternehmen, die die Entwicklung der Marke stärker in den Unternehmensalltag integrieren möchten.

Mehr Markenkonsistenz mit einem Designsystem

Sie möchten die mehr Konsistenz und weniger Aufwand bei der Pflege Ihrer Marke? Diese in den Unternehmensalltag zurückholen und mehr Zeit für Entwicklung und Optimierung? In dem Fall sollten Sie sich mal in das Thema Designsysteme einlesen. Diese können all diese Anforderungen erfüllen.

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