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Geschäftsmodellentwicklung: Rocket Science oder methodische Kreativität?

Geschäftsmodellentwicklung ist in Zeiten der Digitalisierung für viele Unternehmen zur Priorität geworden. Doch, obwohl die Suche nach dem richtigen Weg oft schwierig scheint, muss sie keineswegs zur Raketenwissenschaft werden. Nachzudenken und die Kreativität spielen zu lassen ist bei der Innovation von Geschäftsmodellen allerdings absolut erlaubt.

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Wenn Du nicht die Antworten bekommen hast, die du dir erhoffst, bist du dann „gescheitert“? Oder hast du einfach etwas Wertvolles über deine eigene Idee erfahren?
Michael Geiss

Beraterfloskeln zur Digitalisierung, wie „Disrupt your business.“ oder auch „Fail often, fail early.“, begegnen uns heute auf jeder Business-Konferenz. Ob das zurecht der Fall ist, darüber können wir sicher diskutieren. Nehmen wir zum Beispiel letztere These: Die Aufforderung, früh und oft zu scheitern, ist sicher nicht wirklich das, was einem Unternehmen weiterhilft. Hierbei handelt es sich vielmehr um eine Überzeichnung, die wir als einen Impuls zum Nachdenken verstehen. Der dahinterstehende Appell ist doch eigentlich ein ganz anderer, nämlich: „Stelle Neues rechtzeitig auf den Prüfstand.“ Frage zum Beispiel Kunden oder potenzielle Kunden, wie sie zu deiner neuen Idee oder Innovation stehen. Frage Nichtkunden, warum sie dein Produkt nicht mögen, nicht konsumieren oder ein anderes bevorzugen. Frage dich selbst bei einer neuen Idee, für wen sie einen Mehrwert hat. Frage, ob die- oder derjenige auch bereit ist, dafür etwas zu zahlen.

Wenn man solche Fragen stellt, ist es ganz natürlich, dass man nicht immer die Antworten bekommen wird, die man sich erhofft. Aber das heißt noch lange nicht, dass man dann wortwörtlich „gescheitert“ ist. Im Gegenteil – schließlich erfährt man ja etwas Wertvolles über die eigene Idee und kann auf dieser Basis weiterarbeiten. Das hört sich natürlich viel unspektakulärer an als „Scheitern“ – und wird wohl deshalb in der Form keine Beraterfloskel werden.

Geschäftsmodellinnovation: Entzauberung eines Buzzwords

Vor lauter Buzzwords keine Ruhe zum Nachdenken?

Heute scheint um uns herum eine wahre Revolution zu passieren: Worte wie Change und Transformation sind in aller Munde und der Übeltäter nennt sich Digitalisierung. Die Innovation ist auch so ein Buzzword, besonders wenn es um Geschäftsmodelle geht.

Doch stellt die digitale Revolution wirklich alles um uns herum in Frage? Können wir nichts mehr so machen wie bisher und müssen wir nun alles grundlegend verändern? Oft wird ja sogar unterstellt, dass nur die Unternehmen eine Zukunft haben, die ihr bisheriges Tun komplett überdenken und sich radikal erneuern, und zwar je schneller, desto besser.

 

Steile These: Google ist eine One-Product-Show

„Lernt von Google!“, heißt es in diesem Zusammenhang häufig. Denn sei ja schließlich eines der Unternehmen der Digitalisierung.  Doch das scheint leichter gesagt, als getan. Denn kann wirklich jedes Unternehmen einen Konzern wie Google nachahmen, der sprichwörtlich an allen vorbeizurasen scheint? In gewissem Sinne glaube ich: ja. Das Besondere an Google ist meiner Meinung nach die elegante Einfachheit des Geschäftsmodells. Nüchtern betrachtet dreht sich bei dem Unternehmen nämlich eigentlich alles um die Websuche: Eine Leistung – das Finden relevanter Suchergebnisse – wird kostenfrei erbracht. Zielgruppe sind alle Menschen, die sich jemals eine Frage gestellt haben. Die damit erhobenen Informationen über die Interessen der Suchenden werden dann an Werbetreibende verkauft. Das ist ohne Zweifel ein intelligentes Modell und wird sehr erfolgreich monetarisiert; so erfolgreich, dass Google alle anderen Geschäftsbereiche durch die Websuche tragen kann. Aber man sieht daran auch: Eigentlich könnte man Google demnach als eine „One-Product-Show“ bezeichnen.

Bei alldem ist das, was Google auszeichnet, allerdings nicht revolutionär. Vielmehr handelt es sich um die geschickte Anwendung eines bereits erprobten Musters, die Evolution eines Geschäftsmodells, das wir „Free“ nennen. Free heißt in dem Sinne nicht völlig kostenlos. In Deutschland heißt es beispielsweise im Falle von digitalen Produkten häufig: „Also ich bezahle Google mit meinen Daten“. Auch der Amerikaner würde sagen: „Wenn Sie nichts für das Produkt bezahlen, dann sind Sie selbst das Produkt.“ Tatsächlich ist das im Fall Google korrekt, wie ich oben beschrieben habe. Allerdings ist dieses Geschäftsmodell kein Alleinstellungsmerkmal für Googles Websuche – und sogar völlig ohne die Digitalisierung möglich.

 

Geschäftsmodellentwicklung heißt, Altes neu zu denken

Wie könnte ich Geld verdienen, wenn mein Produkt kostenlos ist?

Stellen Sie sich folgenden Fall vor: Sie möchten eine Business-Veranstaltung organisieren, an der einerseits viele Leute teilnehmen, an der Sie andererseits aber auch Geld verdienen. Nach dem alten Wirtschafts-Einmaleins würden nun der angesetzte Preis und die Nachfrage nach Tickets gegeneinander wirken. Je mehr Sie verlangen, desto weniger Menschen würden kommen wollen; je günstiger die Tickets, desto mehr Gäste dürften Sie erwarten.

Ein Geistesblitz bringt Sie nun zu der folgenden Frage: Was, wenn Ihre Tickets komplett kostenlos sind? Könnten Sie die Veranstaltung trotzdem monetarisieren?

 

Bild: Geschäftsmodellentwicklung Teil 2, Geschäftsmodell "Free"
Das Geschäftsmodell „free“: Wie würden Sie Geld verdienen, wenn Ihr Produkt kostenlos wäre?

 

Stellen Sie sich vor, Ihre Veranstaltung interessiert vor allem Vertreter einer ganz bestimmten Branche oder Profession. In dem Fall gäbe es mit Sicherheit Firmen, die für diese Branche Dienstleistungen anbieten, Apps entwickeln oder ihre im Beratungsgeschäft zur Verfügung stehen. Und für genau solche Dienstleister hätten Sie nun auf Ihrer Veranstaltung eine höchst relevante Zielgruppe versammelt.

Mit diesem Wissen könnten Sie dann zum Beispiel begleitend zu Ihrem Programm eine kleine Ausstellung oder Messe organisieren, auf der sich die Dienstleister  mit einem Stand präsentieren könnten – gegen Bezahlung, versteht sich. Andere Varianten wären, Speaker Slots an Interessenten zu verkaufen oder sie als Sponsoren zu werben. Wahrscheinlich ist Ihnen ein solches Vorgehen schon selbst aufgefallen, wenn Sie einmal eine Konferenz besucht haben.

Die allermeisten Geschäftsmodelle folgen bekannten Mustern. Der Trick ist nun, diese 55 Muster als Kreativitätstechniken zu begreifen und auf das eigene Unternehmen anzuwenden.
Michael Geiss

Kommen wir nun zu Google zurück, sind hier, was das Geschäftsmodell angeht, eindeutige Parallelen zu erkennen: „Nachgefragt“ werden in diesem Fall die Konferenzteilnehmer, die wertvolle Kontakte für die Dienstleister und Berater sind. Diese bekommen gegen Bezahlung Zugang zu ihnen, indem sie auf der Veranstaltung werben dürfen, die  als Plattform dafür fungiert. Analog müssen wir bei Google nur die Konferenzteilnehmer durch Nutzer, die Dienstleister durch Akteure, die Google Ads schalten, und Veranstaltung durch Websuche ersetzen – und erhalten ein sehr ähnliches Muster, obwohl eine Konferenz und eine Suchmaschine relativ unterschiedliche Kernprodukte darstellen.

 

Die allermeisten Geschäftsmodelle folgen bekannten Mustern

Wenn wir auf Workshops mit Teilnehmern diese Mechaniken von Googles Geschäftsmodell hinterfragen, führt das oft zu einem Aha-Effekt. Denn die allermeisten Geschäftsmodellinnovationen, die wir auch heute beobachten, folgen eigentlich längst bekannten Mustern. Die 55 Wichtigsten davon wurden beispielsweise auch im St. Galler Geschäftsmodellnavigator systematisiert. Das Geschäftsmodell „Free“, dem Google folgt, ist eines davon.

Bei der Geschäftsmodellinnovation ist der eigentliche Trick, diese 55 Muster als Kreativitätstechniken zu begreifen und auf das eigene Unternehmen anzuwenden. Mit einem planvollen Suchprozess begibt man sich auf Ideensuche und findet neue Dinge, die man ausprobieren kann. Diese Suche ist aber weder eine Raketenwissenschaft, noch muss Ihr Unternehmen für die große Geschäftsmodellinnovation gleich Google heißen. Stattdessen ist sie vielmehr das Ergebnis methodischer Kreativität, die jeder lernen und anwenden kann.

Nachhaltiges Business Design

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Mehr zu unserem Business-Design-Ansatz und zu seiner Einbettung in strategisches Design findet ihr hier:
 
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